Nachricht | Stadt Neunkirchen ehrt einen Antifaschisten

Bilder einer Ausstellung

Foto: Katja Richter

Ein Ereignis mit Seltenheitswert: die Stadt Neunkirchen ehrt den Maler, Graphiker, Keramiker, Kommunisten und Antifaschisten Franz Schneider (1901-1971), besser unter dem Künstlernamen Franz Schnei bekannt.

Der im Nauwieser Viertel in Saarbrücken geborene Franz Schnei ging mit dem fast gleichaltrigen Max Ophüls (1902-1957) gemeinsam in die Rotenbergschule. Nach seiner Schulzeit lernte er Dekorateur und Plakatmaler, wo seine hohe Kunstfertigkeit nicht unbeachtet blieb. Der anschließende Besuch der Gewerbeschule 1920 in Trier und ein kurzes Studium an der „Akademie für angewandte Kunst“ in München 1922 - wo er seinen Malerfreund Fritz Zolnhofer (1896-1965) kennenlernte - waren die wenigen Gelegenheiten sich als Künstler fortzubilden. Zurück an der Saar begründete er mit weiteren Malern und anderen Kunstschaffenden den „Bund Bildender Künstler“, ein Zusammenschluss junger Nachwuchskünstler, die mit dem von Nationalismus und Chauvinismus bestimmten Kunstbetrieb nach dem Ersten Weltkrieg brachen und neue künstlerische Wege gehen wollten. In dieser Zeit schloss sich Schnei der Kommunistischen Partei an.

1926 zog es Schnei nach Neunkirchen wo er die Reklameabteilung der Kaufhäuser Joseph Levy Wwe. in Neunkirchen und Friedrichsthal leitete. Ab 1930 bis 1935 gehörte er der KPD-Fraktion im Stadtrat von Neunkirchen an. Schon kurz nach seiner Heirat mit Friedel Kahlstadt 1933 engagierte er sich mit seiner Kunst gegen den Anschluss seiner Heimat an Hitlerdeutschland. Wie viele seiner Genoss*innen musste auch Schnei nach der verlorenen Volksabstimmung am 13. Januar 1935 mit Familie das Saarland verlassen und nach Frankreich emigrieren. Da er im Gegensatz seiner vielen Genoss*innen in Metz, also in Grenznähe weiterhin als Maler eines Warenhauses, später als Wanderdekorateur arbeiten durfte, kann man ihn zum dem großen Netzwerk von Widerstandskämpfer*innen in Lothringen zählen, dessen Aufgabe es war Informationen auszutauschen, Gelder weiterzuleiten oder einfach Anlaufstelle für Widerstandskämpfer*innen auf der Flucht zu sein.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges änderte Schneis Situation schlagartig. Zunächst kam er 1939 in ein französisches Internierungslager. Von dort überstellte ihn die Geheime Staatspolizei 1941 ins Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er bis zur Befreiung 1945 blieb. Die KZ-Haft zu überleben gelang ihm, weil der Lagerleitung bzw. SS wohl seine große künstlerischen Talente auffielen und er für sie Gemälde und Zeichnungen anfertigten musste.

Nach Kriegsende und einem kurzen politischen Intermezzo in der Sowjetischen Besatzungszone, kam er 1947 zurück an die Saar. Bereits im Frühjahr des gleichen Jahres konzipierte und realisierte Schnei die Ausstellung „10 Jahre Nazismus“ im Auftrag der Stadt Neunkirchen. Die einsetzende Teil-Autonomie des Saarlandes von 1947 bis 1956 bedeutete nicht nur, dass saarländische Sportler an internationalen Wettkämpfen, wie an der Olympiade in Helsinki, teilnehmen durften. Auch für die Kommunist*innen - meist NS-Verfolgte - war dies eine besondere Zeit. So durfte 1949 auf Vermittlung der KP-Saar eine Delegation von saarländischen Friedenskämpfer*innen, Politiker*innen und Künstlern zur Weltfriedenskonferenz nach Paris reisen. Darunter die zwei Malerfreunde Franz Schnei und Fritz Zolnhofer.

Beide trafen im April 1949 während der Pariser Friedenskonferenz mit Pablo Picasso zusammen. Picasso – selbst bis zum Lebensende Mitglied der KP - muss von Franz Schnei standhafter Haltung gegen die Nazis und seinem Kunstverstand sehr angetan gewesen sein, denn er lud ihn zu sich ins südfranzösische Vallauris ein um dort mit Keramiken zu arbeiten. Dank Picassos Fürsprache fand Schnei schnell ein Atelier und bekam 1955 auf internationalen Keramikausstellung in Cannes sogar eine Goldmedaille für seine Arbeiten. Noch bis 1960 war Schnei häufiger Gast bei Picasso, bis die Aufträge in der Heimat - darunter die Mosaiken am alten Neunkircher Hallenbad - ihm immer weniger Zeit für Reisen ließen. Als sich im Zuge der Liberalisierung der Alt-Bundesrepublik 1969 eine Kommunistische Partei neukonstituieren durfte, war Franz Schnei Gründungsmitglied der DKP an der Saar. Am 26. Oktober 1971 starb Franz Schnei, der sich nicht nur mit den Wandkacheln im ehemaligen Stadtbad von Neunkirchen ein ewiges und bewundernswertes Denkmal setzte. Erst 50 Jahre nach Schneis Tod wurden für ihn und seine Frau Friedel Stolpersteine vor ihrem ehemaligen Wohnhaus im Ortsteil Wellesweiler verlegt.

Rosa Luxemburg Stiftung-Saar und VVN-Bund der Antifaschisten Saar nahmen die späte Würdigung des standhaften Antifaschisten Franz Schnei durch Schneis Heimatstadt Neunkirchen zum Anlass für eine Besichtigung der ihm gewidmeten Ausstellungen „Franz Schnei: Bilder - Zeit der Emigration“ und „Franz Schnei: Vallauris-Keramische Arbeiten“. Letztere mit viel Liebe von seinem Enkel Thomas Schneider zusammengestellt.

Leben und Werk machen Franz Schnei zu einen der bedeutendsten Künstlern des Saarlandes im 20. Jahrhundert. Leider erfuhr er zu Lebzeiten nicht die Anerkennung, die ihm, dem politisch standhaften Maler aus einfachen Verhältnissen, eigentlich gebührt. Aber mit diesen Eigenschaften hatte die saarländische Künstlerlandschaft schon immer ihre Probleme...