Nachricht | Grenzerfahrung. Lesung mit Elisa Aseva im Salon Rosa

Deutschland im Juni 2022: Ein Gespenst geht (wieder) um in Deutschland – „es ist das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des Alten haben sich zu einer heiligen Hetzjagd verbündet“, Julian Reichelt, Don Alphonso, Volker Beck und Marco Buschmann, deutsche Rassisten und ein liberaler Twitter-Mob, der sich in autoritären Bestrafungsfantasien ergeht. Gegen wen? Gegen die Lyrikerin Elisa Aseva, eine Schwarze Frau, die vor 42 Jahren während der Flucht ihrer äthiopischen Eltern geboren wurde und in Deutschland aufwuchs.
Was ist passiert? Während eines Interviews im Deutschlandradio zu ihrem literarischen Debüt „Über Stunden“, meinte die „Selfmade-Poetin“ im Kommunismus eine mögliche Antwort auf Zukunftsfragen zu sehen, da sich der Kapitalismus bekanntlich anschickt den Planeten zu ruinieren.
Der darauf einsetzende Shitstorm erinnerte etwas an die Alt-Bundesrepublik der 50er Jahre. Aseva sah sich massiven Angriffen mit Gewaltfantasien in den sozialen Medien ausgesetzt. Dazu ist sie Frau, schwarz, links und arbeitet als Kellnerin…
Nun hat Elisa Aseva erstmals ihr Werk „Über Stunden“ im Salon Rosa vorgestellt.
In ihr, die schon als junges Mädchen ihre Mutter verlor und ein Großteil ihrer Kindheit bei Nonnen in Kinderheimen aufwuchs, kam schon in sehr frühen Jahren der Impuls Kommunistin zu werden. Umso mehr als sie die Zustände in den Kinderheimen sah, wo sie auf viele Kinder traf, die Anfang der 80er Jahre ihren Familien entrissen wurden, was heute in diesen Maßen kaum noch vorstellbar ist. Nicht zuletzt führt sie auch die Krankheit und der frühe Tod ihrer Mutter auf den schlechten Umgang mit Migrant*innen zurück, denen eine ordentliche medizinische Behandlung verwehrt wurde.
Aseva hatte Glück. Sie kam in den Kinderheimen „in die richtigen Gruppen“ mit fürsorglichen Betreuer*innen, die das junge Mädchen förderten. Heute ist sie selbst Mutter.
Mit dem Aufruhr im Frühsommer hatte sie selbst nicht gerechnet. Anfangs empfand sie die Situation als sehr bedrohlich, wobei der „Shitstorm“ weniger von „Stiefelnazis“ ausging, sondern eher von Leuten aus der bürgerlichen Mitte kam, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk genauso wenig ertragen können, wie eine emanzipierte „schwarze“ Frau.
Als positives Momentum des Eklats sieht sie die Diskussionen über gesellschaftliche Zukunftsfragen, da der Kapitalismus nicht in der Lage ist, diese zu beantworten.
Neben ihren beruflichen Verpflichtungen und der Schriftstellerei engagiert sich die gebürtige Äthiopierin Aseva in der Flüchtlingshilfe. So war es für sie keine Frage sofort nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine an die polnisch-ukrainische Grenze zu fahren um dort Flüchtlinge zu unterstützen. Vor allem diejenigen Menschen, die sich als „nichtweiße“ Migranten in der Ukraine aufhielten und aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion davon bedroht sind, durch die Raster humanitärer Unterstützung zu fallen.